Die Flut an juristischen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit Manipulationen der Finanzmärkte ist schlichtweg erschreckend.
Sie gibt nicht nur tiefe Einblicke in die zersetzte Moral, die in der Hochfinanz um sich gegriffen hat, sie raubt den Bürgern beiderseits des Atlantiks auch das letzte Fünkchen Vertrauen in die Branche. Dabei handelt es sich übrigens um dieselben Akteure, die durch das, wissentliche Aufblähen der US-Immo-Blase im vorigen Jahrzehnt die Weltwirtschaft an den Rand des Abgrunds manövriert haben.
Nach den Manipulationen der Referenzzinsen Libor und Euribor oder der britischen Strompreise steht nun also auch der Vorwurf betrügerischen Vorgehens von großen Ölgesellschaften im Raum: Über ein Jahrzehnt sollen diese den Preis der Ölsorte Brent als lukrativen Spielball genutzt haben und - selbstverständlich unter Zuhilfenahme einer großen Wall-Street-Bank - diesen nach Gutdünken künstlich in die jeweils gewünschte Richtung getrieben haben.
Sollten sich die Vorwürfe erhärten, muss sich die zuständige Aufsichtsbehörde unangenehme Fragen gefallen lassen, wie unter ihren offenbar nicht allzu wachsamen Augen Derartiges hat geschehen können.
Damit ist es aber längst nicht getan, denn die nicht enden wollende Serie von Finanzmarktmanipulationen trägt inzwischen schon politischen Sprengstoff in sich.
Die Regierungen sind im Eigeninteresse gefordert, sich diesem unangenehmen Thema zu stellen und es einer glaubhaften Lösung zuzuführen, um Derartiges künftig zu unterbinden - und zwar, bevor die Bürger ihre Wut auf die Banken zu den Wahlurnen tragen. Dass es sich damit hervorragend auf Stimmenfang gehen lässt, zeigt sich in Ungarn, wo die Banken, darunter auch österreichische Vertreter, von der Regierung unter Ministerpräsident Viktor Orban hart angefasst werden.
In Österreich sind die Wahlen gerade geschlagen - und schon steht ein neues Sparpaket im Raum. Selbstverständlich wegen der Hilfen für die notverstaatlichten Banken, die sich immer stärker als Fass ohne Boden erweisen. Es wäre wenig verwunderlich, würden auch heimische Populisten künftig verstärkt Anti-Banken-Wahlkämpfe führen - und regen Zulauf erhalten. Ob das gut ist für das Land, steht freilich auf einem anderen Blatt.
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