- Kommission leitet Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein
- Glücksspielstaatsvertrag verstößt auf ganzer Linie gegen den EG-Vertrag
- Deutschland bleiben zwei Monate Zeit für eine Stellungnahme
- Deutscher Lottoverband appelliert an Bundesländer einzulenken
Nur wenige Wochen nach Inkrafttreten hat die EU-Kommission in Brüssel heute den neuen Glücksspielstaatsvertrag in zentralen Punkten als EG-rechtswidrig bezeichnet und das Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. "In der Summe bleibt von den Bestimmungen des Staatsvertrages nicht mehr viel übrig," so Norman Faber, Präsident des Deutschen Lottoverbands.
Zentraler Kritikpunkt der Kommission ist unter anderem das Zulassungsverfahren für die privaten Spielvermittler und die damit verbundenen strafrechtlichen Sanktionen und Geldbußen, die Vermittlern bei der Veranstaltung von Glücksspielen im Internet und der Werbung drohen.
Das Verbot der Fernseh-, Internet-, Trikot-, und Bandenwerbung sei ebenso nicht mit EG-Recht vereinbar wie das für Finanzinstitute geltende Verbot für Zahlungen, die mit der Vermittlung von Glücksspielen in Verbindung stehen.
Diese Drangsalierung der privaten Vermittler für staatliche Glücksspiele verstoße eindeutig gegen die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs in der EU. Es gebe auch mildere und wirksamere Mittel, die einen effektiven Spielerschutz sichern.
Der Bundesregierung steht damit (stellvertretend für die Bundesländer) ein teures und wenig aussichtsreiches Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof bevor. "Um die Klage der Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof noch abwenden zu können, bedarf es einer schnellen und substantiellen Anpassung an die europarechtlichen Vorgaben", so der in Brüssel tätige Rechtsanwalt Dr. Andreas Rosenfeld (Kanzlei Redeker).
Die Erfolgsaussichten der Klagen privater Lottovermittler steigen dagegen mit dieser Ankündigung weiter. "Der Druck auf die Länder nimmt zu", so Norman Faber, Präsident des Deutschen Lottoverbandes. Sollten die Länder in Luxemburg verlieren, drohen Straf- und Schadenersatzzahlungen in dreistelliger Millionenhöhe.
Bereits mehrfach, auch während des Gesetzgebungsverfahrens, hatte die EU-Kommission Deutschland mit deutlichen Worten ermahnt. "Die Ministerpräsidenten haben über Monate nicht reagiert. Jetzt wird der Steuerzahler bald die Quittung dafür bekommen", so Faber. Die EU-Kommission lässt keinen Zweifel daran, dass dies die letzte Warnung der Kommission vor der Klageeinreichung in Luxemburg ist.
Die deutschen Ministerpräsidenten sollten jetzt weiteren Schaden abwenden und schnellstmöglich eine europarechts- und verfassungskonforme Lösung herbeiführen. Sollte es nicht dazu kommen, muss sich nun die Bundesregierung einschalten. Das Vertragsverletzungsverfahren ist nicht mehr nur Sache einzelner Länder, sondern der gesamten Bundesrepublik.
-dpa-
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